Müfflingkarte (1834)

Die Müfflingkarten sind das Ergebnis der nächsten großen Landesaufnahme des preußischen Staates, welche nach den Koalitionskriegen begann und den preußischen Rückstand gegenüber anderen europäischen Nationen in der kartographischen Erfassung des Staatsgebietes deutlich verringerte. Die hier verwendete Karte stammt von 1834 und entstand somit nach der direkten Wirkungszeit des namensgebenden Generalmajors Philipp Friedrich Carl Ferdinand Freiherr von Müffling (1775-1851). Die verwendete Bezeichnung als „Müfflingkarte“ ist jedoch gerechtfertigt, da diese Karte maßgeblich auf seinen Arbeiten hinsichtlich der geodätischen Grundlagen, der stilistischen Ausführung und der Organisation der Datenaufnahme beruht.

Um die Bedeutung von Generalmajor von Müffling für die preußische Kartographie zu verstehen und damit den Fortschritt, den diese Karte darstellt, ist es notwendig, sich die zeithistorische Situation zu vergegenwärtigen. Im Nachgang der Koalitionskriege änderte sich im Kontext der preußischen Reformen auch die Organisation der Landesaufnahme. Waren es vorher insbesondere einzelne Initiativen, die zur Erstellung von Kartenwerken führten, wurde die systematische Landesaufnahme ab 1816 eine dauerhafte Aufgabe des preußischen Generalstabes, der diese Aufgabe bis zum Ende des Ersten Weltkrieges 1918 ausübte.

Müffling selbst war im Laufe seiner Karriere seit 1796 immer wieder an Landesaufnahmen in verschiedenen Teilen Preußens und Deutschlands beteiligt. Dabei kam er auch in Kontakt mit den führenden Vermessungswissenschaftlern seiner Zeit, mit welchen er auch darüber hinaus in einem fachlichen Austausch stand. So war Müffling mit den Problemen und Anforderungen der Landesvermessung bestens vertraut und hatte eine anerkannte Expertise. Gleichzeitig macht er immer weiter Karriere und wurde 1820 Leiter der militärischen Vermessung und 1821 Chef des Generalstabes. In dieser Rolle konnte er grundsätzliche Verbesserungen der Vermessung durchsetzen. Diese legte er bereits 1821 in seinem Werk „Instruction für die topographischen Arbeiten des Königlich Preußischen Generalstabes“ dar und machte sie für die Landesaufnahme verbindlich.

Diese Instruktionen bewirkten deutliche Fortschritte in allen Bereichen der Landesaufnahme, die sich direkt und wahrnehmbar im Kartenbild auswirkt. So vereinheitlichte er die Signaturen, die in der Karte zu verwenden waren und legte fest, wie eine Kartierung zu erfolgen habe und welche (mathematischen) Methoden zu verwenden seien. Dies zeigt sich konkret in der Karte von 1834. So sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Kartenblättern deutlich geringer als in der Schroettersche Karte, die Signaturen sind einheitlich und insgesamt wirken die Kartenblätter homogener in der Anzahl der dargestellten Elemente. Zu der Umsetzung dieser Verbesserungen trug zudem die wachsende Erfahrung der Vermessungsingenieure bei, die ab jener Zeit Berufssoldaten waren, meist im Rang eines Leutnants. Diese wurden für eine Verwendung im Generalstab ausgebildet, worunter auch der spätere Generalstabschef von Moltke d. Ä. war. Als einheitliches Maß der Aufnahme wurde das Messtischblatt mit einem Maßstab von 1:25.000 festgelegt.

Im Kartenbild fällt auf, dass die Landzungen und Buchten am Kurischen Haff deutlich geringer ausgeprägt sind. Besonders gut erkennt man dies an der Gestalt des Ufers bei Rossitten (Rybachi).

Darüber hinaus gab es technische Verbesserungen der Kartenaufnahme. Dies betraf einerseits die Ausrüstung der Ingenieure im Feld, darüber hinaus aber auch die verwendeten mathematischen Methoden. Insbesondere der 1824 von Müffling eingeführte Müffling-Ellipsoid war eine deutliche Verbesserung gegenüber vorher verwendeten Ellipsoiden. Ein Ellipsoid ist die Rotationsfläche einer Ellipse. Planeten haben auf Grund der Fliehkräfte während ihrer Entstehung normalerweise diese Form. Praktisch sieht sie aus wie ein etwas plattgedrückter Ball. Der Müffling-Ellipsoid erleichtert heute eine Übersetzung in GIS Programme deutlich, da seine mathematischen Grundlagen eine leichte Übertragung gewährleisten.

Verwendete Literatur

Hamel, Jürgen; Buschmann, Ernst (1996) Friedrich Wilhelm Bessels und Johann Jacob Baeyers Zusammenwirken bei der „Ostpreußischen Gradmessung" 1830-1838. In: Seeger. Hermann (Hrsg.) Beiträge zum J. J. Baeyer-Symposium. Berlin-Köpenick, 05.-06. 11. 1994. Verlag des Instituts für Angewandte Geodäsie, Frankfurt am Main, 45-57.
Jäger, Eckhard (1981): Die Schroettersche Landesaufnahme von Ost-und Westpreußen (1796-1802). Entstehungsgeschichte, Herstellung und Vertrieb der Karte. In: Zeitschrift für Ostforschung 30 (3), S. 359–389.
Torge, Wolfgang (2002): Müfflings geodätisches Wirken in der Umbruchepoche vom 18. zum 19. Jahrhundert. In: Zeitschrift für Vermessungswesen (ZfV) 127, S. 97–108.
Torge, Wolfgang (2009): Geschichte der Geodäsie in Deutschland. 2., durchges. und korrigierte Aufl. Berlin: de Gruyter.